Die handwerkliche Selbstverwaltung garantiert eine umfangreiche Arbeitnehmerbeteiligung in den Betrieben - neben der Mitbestimmung durch Betriebsräte in im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes. Diese FAQ zur Selbstverwaltung im Handwerk gibt Antworten auf viele Fragen zur ehrenamtlichen Mitarbeit in den Handwerkskammern.
Die Handwerkskammer ist die Selbstverwaltungseinrichtung aller Handwerksbetriebe im Kammerbezirk. In den derzeit 53 Handwerkskammern sind rund 1.000.000 Betriebe mit mehr als 5,4 Millionen Tätigen und ca. 360.000 Auszubildenden vertreten. Der Jahresumsatz im Handwerk liegt bei rund 640 Milliarden Euro. Ca. 13 Prozent aller Erwerbstätigen und 28 Prozent aller Auszubildenden in Deutschland sind im Handwerk beschäftigt.
Die Handwerkskammer hat als Vertretung der Handwerksbetriebe und deren Auszubildenden und Beschäftigten die Interessen des Handwerks zu fördern und für einen gerechten Interessenausgleich der einzelnen Handwerke zu sorgen. Darüber hinaus erfüllt sie hoheitliche Aufgaben im Auftrag des Staates. Weiterhin halten die Handwerkskammern ein vielfältiges Service- Beratungs- und Bildungsangebot für Existenzgründer*innen, Unternehmer*innen, Mitarbeiter*innen der Betriebe und Auszubildende bereit.
Die Handwerkskammern nehmen folgende hoheitlichen Aufgaben wahr:
Im Rahmen der Selbstverwaltung der Wirtschaftsbereiche hat der Staat den Handwerkskammern eine Reihe hoheitlicher Aufgaben übertragen.
Eine Besonderheit bei den Handwerkskammern ist die Arbeitnehmerbeteiligung in allen Gremien der Kammer. Die Handwerkskammer vertritt also auch die Interessen der angestellten Meister*innen, Gesell*innen und Auszubildenden in den Betrieben. Dies bedeutet dass nicht nur die Betriebsinhaber*innen Mitglied der Handwerkskammer sind, sondern auch alle Arbeitnehmer*innen mit abgeschlossener Berufsausbildung und die Auszubildenden. Durch die Mitgliedschaft der Arbeitnehmer*innen ergibt sich auch die Mitarbeit und Mitbestimmung in allen Arbeitsbereichen der Handwerkskammer. Die Handwerkskammer ist ebenso wie alle anderen Berufskammern eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie wird von der obersten Landesbehörde, dem Landeswirtschaftsministerium, beaufsichtigt.
Die Selbstverwaltung im Handwerk nutzt den Praxisbezug und die Kompetenz der ehrenamtlich tätigen Vertreter*innen - sowohl der Arbeitnehmer*innen als auch der Arbeitgeber*innen. Durch Beschlüsse in Vollversammlung, Vorstand und den Ausschüssen der Handwerkskammer werden die Richtlinien der Kammer z. B. zur Berufsbildung, Weiterbildung und Gewerbeförderung etc. unmittelbar von den gewählten Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen getroffen.
Aus der Praxis für die Praxis – Arbeitnehmer*innen aktiv im Handwerk. Was das Bedeutet erklärt Ralf Noltemeyer, Arbeitnehmer-Vizepräsident der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld, in diesem Video:
Die Zusammensetzung der Gremien und Ausschüsse der Handwerkskammer ergibt sich aus den Vorschriften der Handwerksordnung. In der Vollversammlung, im Vorstand und in den Ausschüssen sind die Arbeitnehmer*innen mit einem Drittel der Sitze vertreten. Im Berufsbildungsausschuss und den Gesellenprüfungsausschüssen sind sie mit gleich vielen Stimmen vertreten wie Betriebsinhaber*innen (also paritätisch).
Die Aufgabenteilung der Gremien in der handwerklichen Selbstverwaltung ist durch die Regelungen der Handwerksordnung, des Berufsbildungsgesetzes und der Satzung der Handwerkskammer vorgegeben.
DGB
Wichtigstes Organ und gleichzeitig Parlament der Handwerkskammer ist die Vollversammlung. Die Vollversammlung das oberste Gremium in der Kammer. Dies wird z. B. durch die der Vollversammlung vorbehaltene Verabschiedung der Satzung, Verabschiedung des Stellen- und Haushaltsplanes oder der Wahl von Vorstand und Hauptgeschäftsführer*in besonders deutlich. Der Aufgabenkatalog der Vollversammlung ist in der Handwerksordnung festgelegt.
Der Vorstand bereitet die Vollversammlung vor und führt ihre Beschlüsse aus. Ein Drittel der Vorstandsmitglieder müssen Arbeitnehmer*innen sein. Dem Vorstand gehören neben dem/der Präsident/in und weiteren Vorstandsmitgliedern zwei Vizepräsident*innen an. Eine/r der Vizepräsident*innen ist Arbeitnehmervertreter*in.
Die Handwerkskammer (Vollversammlung) errichtet Ausschüsse. Die Zuständigkeiten der einzelnen Ausschüsse ergeben sich aus Handwerksordnung, Berufsbildungsgesetz und Satzung der Handwerkskammer. Die Mitglieder der Ausschüsse worden in der Vollversammlung gewählt. Alle Mitglieder haben Stellvertreter*innen.
Ausschüsse sind Organe der Handwerkskammer. Sie können dauernde oder vorübergehende Aufgaben wahrnehmen und unterstützen damit die Aufgaben und die Arbeit von Vollversammlung und Vorstand. Die Amtsdauer dieser Ehrenamtstätigkeit beträgt, wie in der Vollversammlung, fünf Jahre. Ausschüsse beraten die in ihrem Geschäftsbereich fallenden Angelegenheiten vor.
Wichtige Ausschüsse in einer Handwerkskammer sind unter anderem:
Für die Berufsbildungsausschüsse sowie für alle Prüfungsausschüsse, Gesellen-, Weiterbildungs- und Meisterprüfungsausschüsse gibt es eine erweitere Mitbestimmung. Hier sind Betriebsinhaber*innen und Arbeitnehmer*innen mit der gleichen Stimmenanzahl vertreten.
Weitere Informationen zur Selbstverwaltung gibt es auf der Website PerSe Plus (Perspektive Selbstverwaltung Plus), dem Projekt von Arbeit und Leben und DGB.
Durch ihre Mitgliedschaft in der Vollversammlung, dem Vorstand und in allen Ausschüssen der Handwerkskammer können die Arbeitnehmervertreter*innen bei allen Arbeitsfeldern auf die Ausrichtung der Politik der Handwerkskammer maßgeblichen Einfluss nehmen.
In den 53 Handwerkskammern sind bundesweit über 2.000 Arbeitnehmer*innen und als ordentliche Mitglieder oder Stellvertreter*innen in den Vollversammlungen aktiv. Die Vollversammlung wird alle fünf Jahre gewählt. Auskunft über Termine zu den nächsten Handwerkskammerwahlen geben die DGB-Regionen an Sitz der Handwerkskammern, die Handwerkssekretär*innen der Handwerksgewerkschaften und das Handwerkssekretariat des DGB-Bundesvorstandes. Zuständig für die Aufstellung der Wahllisten ist der DGB am Sitz der Handwerkskammer. Diese Listen werden in enger Abstimmung mit den örtlichen Handwerksgewerkschaften erstellt.
Jenseits der Wahltermine besteht vielerorts die Möglichkeit die spannende und vielfältige Arbeit in der Selbstverwaltung des Handwerks, durch Mitarbeit in den Handwerksarbeitskreisen des DGB oder der Einzelgewerkschaften kennen zu lernen.
Die Mitglieder der Vollversammlung und ihre Stellvertreter*innen werden durch Listen in allgemeiner, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.
Wählbar zum Vertreter der Arbeitnehmer*innen in der Vollversammlung sind die Gesell*innen und Arbeitnehmer*innen mit abgeschlossener Berufsausbildung, sofern sie am Tag der Wahl volljährig sind und in einem Handwerksbetrieb oder einem handwerksähnlichen Betrieb im Bezirk der Handwerkskammer beschäftigt sind.
Kurzzeitig bestehende Arbeitslosigkeit lässt das Wahlrecht unberührt, wenn diese zum Zeitpunkt der Wahl nicht länger als drei Monate besteht.
Die in der Handwerkskammer vertretenen Berufe sind in der Anlage A (Verzeichnis der Gewerbe, die als zulassungspflichtige Handwerke betrieben werden können) und Anlage B (Verzeichnis der Gewerbe, die zulassungsfrei oder handwerksähnlich betrieben werden können) zur Handwerksordnung festgelegt. Zur Aufteilung der Mitglieder der Vollversammlung können die Handwerkskammern in ihrer Satzung gemäß den Regelungen der Handwerksordnung Gruppen bilden.
Die Handwerksordnung regelt die Freistellung von Arbeitnehmer*innen für die Mitarbeit in den Gremien der Handwerkskammer. Die Arbeitnehmer*innen sind, soweit es zur ordnungsgemäßen Durchführung der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben erforderlich ist und wichtige betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts freizustellen.
Gemäß der Regelungen der Handwerksordnung können sich Arbeitgeber*innen, durch die Freistellung entstehenden Kosten, auf Antrag von der Handwerkskammer erstatten lassen.
Diese Fragen stellt sich der Geselle Martin in unserem Erklärfilm, der im Rahmen von PerSe erstellt wurde. Sich ehrenamtlich in den Gremien der Selbstverwaltung des Handwerks zu engagieren, bedeutet Gestaltungsmöglichkeiten und Mitbestimmungsrechte wahrzunehmen.
Die Verwaltung der Handwerkskammer unterteilt sich in Abteilungen: Handwerksrolle, Lehrlingsrolle, Berufsbildung, Ausbildungsberatung, Gewerbeförderung, Meisterprüfung, Sachverständigenwesen, Akademie des Handwerks, Innere Verwaltung, usw. Die Erledigung der laufenden Geschäfte obliegt dem Hauptgeschäftsführer, dieser wird gegebenenfalls von weiteren Geschäftsführern unterstützt.
Zur Unterstützung der Arbeit der Arbeitnehmervertreter*innen in der Selbstverwaltung des Handwerks bestehen im Bezirk der Handwerkskammer, auf Ebene der DGB Bezirke und auf Bundesebene Arbeitskreise Handwerk. Hier werden sowohl die jeweils aktuellen Themenschwerpunkte beraten, als auch Qualifizierung für ehrenamtlich tätige Kolleginnen und Kollegen angeboten.
In vielen Regionen bieten die jeweilig zuständigen Handwerksgewerkschaften ebenfalls die Mitarbeit in solchen Arbeitskreisen an. Informationen gibt es bei der DGB Region am Sitz der Handwerkskammer, beim DGB Bezirk oder beim Handwerkssekretariat des DGB Bundesvorstandes.
Umfangreiche und spannende Möglichkeiten sich einzubringen bietet z.B. die Mitarbeit in einem der vielen unterschiedlichen Prüfungsausschüsse der Handwerkskammer.
Wenn die Idee der Beteiligung und Mitbestimmung im Handwerk dich, auch jenseits der Vollversammlung, begeistert, gibt es trotzdem die Möglichkeit aktiv zu werden. Im Bereich des Handwerks werden für alle Branchen Prüfende gesucht! So kannst du dein Wissen über dein Handwerk weitergeben.
Ansprechpartner*innen dafür findest du bei der DGB Region am Sitz der Handwerkskammer.